Zwei mal ein Akt, zwei andere Welten. Marguerite, 20, malt ein sitzendes Modell an der Pariser Akademie «La Grande Chaumière» ausufernd impressionistisch. Victor, 21, malt seinen Bruder Kurt am Ufer des Brienzersees mit klaren Konturen als wärs von Ferdinand Hodler.
Zwei Charaktere, sechs Jahre nach der Hochzeit. Marguerite 34, präsentiert sich sanft und träumerisch, Viktor 35, kantig und ehrgeizig.
Das Fresko an der Westfassade des Zytglogge-Turms ist ein Wahrzeichen Berns. Unübersehbar, wenn man vom Bahnhof die Marktgasse stadtabwärts bummelt. «Beginn der Zeit», heisst Victor Surbeks Werk unterhalb des Zifferblatts. Adam, rot und geduckt, will seine nackte Eva schützen. Ein strenger Engel vertreibt beide zusammen aus dem Paradies. Dies ist und bleibt sein prestigereichstes Werk. Victor ist 45.
Im gleichen Jahr feiert Marguerite ihren ersten Auftritt an der Biennale in Venedig. Doch das merkt niemand hierzulande, ein Dutzend Jahre verstreichen, bis Marguerite «Hilda mit Badetuch» in der Berner Kunsthalle zeigen kann. Das tragische Ende besteht darin, dass dieses Bild heute im Keller des Kunstmuseums Bern eingelagert ist. Öffentlich gezeigt wurde es seither kein einziges Mal.Nah und fern. Marguerite definierte das künstlerische Verhältnis zwischen ihr und Victor gegenüber der Schweizer illustrierte Zeitung so: «Hoffnungslose Unabhängigkeit, beharrlich weit voneinander getrennte Arbeitstische und totale Verschiedenheit in den verfolgten Zielen». Das zeigte sich auch beim Reisen.
1932 erkundet Victor Tunesien zusammen mit den drei Malern Paul Klee, Louis Moilliet und Paul Zehnder. 1939 reist Marguerite allein nach London. Nach Kalabrien fährt das Ehepaar regelmässig gemeinsam, nach New York 1948 und 1960 zusammen. «Jeder zog nach seiner Seite aus, man traf sich abends wieder und packte die Arbeiten aus. Mein Mann durchstöberte die Hafenquatiere, während ich schon am erste Tag den Rockefeller-Center erklomm», so Marguerite. Vier Jahre später reist sie allein durch die USA.
Und 1959 fliegt Victor im Alter von 74 Jahren nach
Kamerun zusammen mit dem Reiseschriftsteller René Gardi.